Der größte und wichtigste Block neuen Stoffes, der in Referendariat und zweitem Staatsexamen hinzukommt, ist das Zivilprozessrecht.

Du hast zwar im Studium wahrscheinlich schon ein bisschen Zivilprozessrecht gelernt. Im Rechtsreferendariat und zweiten Staatsexamen brauchst Du es aber in viel größerer Tiefe. Vor allem steht auch die praktische Anwendung stärker im Vordergrund, wenn Du z.B. ein Urteil tenorieren musst.

Deshalb solltest Du in Deinem Lernplan für das Zivilprozessrecht auf jeden Fall viel Zeit einplanen und wirklich systematisch vorgehen. Außerdem solltest Du mit verschiedenen Materialien arbeiten. Es gibt im Zivilprozessrecht zum Glück hervorragende Kurse, Bücher und Skripten. Die eine perfekte Ressource, die Dir alles an Zivilprozessrecht beibringt, was du können musst, gibt es jedoch nicht.

In diesem Artikel gebe ich Dir Tipps, wie und womit Du im Referendariat am besten Zivilprozessrecht lernst.

Zivilprozessrecht für die Zivilgerichtsklausur

Ich würde damit anfangen, das allgemeine Zivilprozessrecht zu lernen. Du wirst es am meisten für die Zivilgerichtsklausur brauchen. Das Verständnis des allgemeinen Zivilprozessrechts wird Dir aber gleichzeitig auch als Grundlage für die Besonderheiten der Anwaltsklausur und für das Zwangsvollstreckungsrecht dienen.

Am Anfang finde ich es wichtig, die Grundlagen des Zivilprozessrechtes tief zu verstehen und vor allem ein gutes Systemverständnis zu entwickeln. Dann kannst Du darauf aufbauend effizienter die praktische Anwendung pauken und üben.

Wenn Du im Zivilprozessrecht direkt ohne oder mit zuwenig Vorkenntnissen zu komprimierten Skripten und Seminaren springst, wirst Du diese nicht gut genug verstehen. Außerdem wirst Du ohne das dahinterstehende Systemverständnis große Schwierigkeiten haben, Dir die große Menge an Fakten zu merken, die in den komprimierten Materialien dicht an dicht auf Dich hereinprasselt. Im Endeffekt kostet es Dich dann mehr Zeit, den Stoff richtig zu beherrschen, als wenn Du von Anfang an eine solide Grundlage schaffst und dann darauf aufbaust.

Zum ersten Erarbeiten habe ich selbst den Zivilprozessrechtskurs von Lecturio* angeschaut. Den finde ich ganz besonders zum Einstieg auch extrem hilfreich. Die Kurse von Lecturio vermitteln das Zivilprozessrecht relativ ausführlich und geben dabei genau das tiefgehende Hintergrund- und Systemverständnis, was Du brauchst, um später mit Kaiserskripten und Übungsklausuren richtig effektiv arbeiten zu können.

Alternativ oder natürlich auch zusätzlich könntest Du auch den Anders/Gehle* oder den Knörringer* lesen. Ich persönlich würde allerdings Lecturio plus Anders/Gehle für Overkill halten, da Anders/Gehle selbst sehr ausführlich ist. Ich würde eher sagen, wenn Du Online-Repetitorien nicht magst und lieber ein Buch liest, dann lies Anders/Gehle statt des Lecturio Reps.

Von Lecturio Rep oder Anders/Gehle kannst Du dann zu den Kaiserskripten übergehen und wenn Du magst natürlich auch zu den Kaiserseminaren.
Die Kaiserskripten zum Zivilprozessrecht setzen Vorkenntnisse voraus, sind dann aber ein absolutes Muss.

Das sind einmal Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen I* und danach Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen II: Wiederholung und Vertiefung*.

Das zweite Zivilprozessrechtsskript von Kaiser ist etwas weniger bekannt, aber absolut herausragend. Es enthält Aufbauschemata, Übungsaufgaben und Übersichten über typische Probleme. Dieses Skript ist perfekt um den gelernten Stoff in der Anwendung zu üben und zu wiederholen. Ich selbst habe es das erste Mal direkt nach dem ersten Kaiserskript bearbeitet und dann kurz vor den Klausuren ein zweites Mal zur Wiederholung.

Zivilprozessrecht für die Zwangsvollstreckungsklausur

Im Zwangsvollstreckungsrecht würde ich ähnlich vorgehen wie im allgemeinen Zivilprozessrecht.

Das Kaiserskript ist hier zwar auch gut, aber noch stärker komprimiert und enthält auf wenig Raum eine gigantische Menge an Fakten und Einzelproblemen. Du hast kaum eine Chance, Dir das alles so isoliert zu merken, wenn Du nicht vorher für Hintergrundwissen sorgst.

Ich habe auch hier mit dem ausführlichen Kurs von Lecturio zum Zwangsvollstreckungsrecht* vorgearbeitet und mich danach ans Kaiserskript Die Zwangsvollstreckungsklausur im Assessorexamen* gemacht. Das stellt die klausurrelevantesten Probleme komprimiert dar.

Außerdem habe ich mehrmals das Kaiserseminar von Jan Kaiser zum Zwangsvollstreckungsrecht besucht, das ich auch sehr gut fand. Die Stärke des Seminars liegt vor allem noch einmal darin, Dir eine sinnvolle Schwerpunktsetzung zu vermitteln. Deine Seminarmitschrift enthält dann die Probleme, die Du auf jeden Fall mehrmals wiederholen solltest.

Zivilprozessrecht für die Anwaltsklausur

Wenn Du das allgemeine Zivilprozessrecht und das Zwangsvollstreckungsrecht gelernt hast, hast Du eigentlich schon das theoretische prozessuale Wissen, um auch die Anwaltsklausur zu lösen.

Aber Achtung: Das heißt nicht, dass Du für die Anwaltsklausur nichts mehr lernen müsstest.

Abgesehen vom Aufbau gibt es eine ganze Reihe von Themen, die Du lernen musst, wie zum Beispiel typische Zweckmäßigkeitserwägungen, Antragsformulierungen und dabei auch Spezialkonstellationen wie zum Beispiel die Berufung oder den einstweiligen Rechtsschutz.

In Bayern und Baden-Württemberg sind die AGs manchmal recht gut und Du hast zumindest die Chance, einen Teil dieser Dinge in den AGs zu lernen (eine Garantie hast Du aber auch hier nicht). In allen anderen Bundesländern wirst Du von Deinen AG-Leitern in den allermeisten Fällen im Stich gelassen werden. Wahrscheinlich geben sie Dir Klausuren von vor 15 Jahren, wo es kaum Zweckmäßigkeitserwägungen gab und behaupten, mehr würdest Du nicht brauchen.

Das ist falsch. Anwaltsklausuren haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Heute brauchst Du meistens Spezialwissen speziell zum Umgang mit Anwaltsklausuren, um in ihnen zu reüssieren. Vor allem an die Zweckmäßigkeitserwägungen stellen die Prüfungsämter heute viel höhere Ansprüche.

Wenn Du nicht gerade in Bayern oder Baden-Württemberg Referendariat machst und Glück mit den AG-Leitern hast, ist die einzige gute Möglichkeit, die ich kenne, das Kaiserseminar zur Anwaltsklausur. Das Kaiserskript zur Anwaltsklausur* ist meiner Meinung nach zu ausführlich, um es komplett durchzuarbeiten. Das Seminar vermittelt Dir die relevantesten Schwerpunkte. Das Kaiserskript kannst Du dann an ausgewählten Stellen zum tieferen Nachschlagen und zum Lernen von Antragsformulierungen etc. verwenden.

Nicht ausschließlich auf Kaiser vertrauen würde ich allerdings bei der Frage nach dem Aufbau: Anwaltsklausuren kann man grundsätzlich ein- oder zweistufig aufbauen. Hier haben einige Bundesländer Präferenzen, die Du am besten von AG-Leitern bzw. Prüfern Deines Bundeslandes in Erfahrung bringst.

* Wenn ich beim Kauf über meinen Link eine kleine Umsatzbeteiligung bekomme, kennzeichne ich das mit einem Sternchen. Ich empfehle Dir nur Materialien, die ich persönlich getestet habe und besonders gut finde. Der Preis der Produkte ändert sich dadurch für Dich nicht. Für jede Materialie, die ich empfehle, gibt es mehrere, für deren Empfehlung ich ebenfalls eine Provision erhalten könnte, die ich jedoch nicht empfehle, einfach weil ich sie nicht für die Beste halte oder sie noch nicht selbst getestet habe.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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