Möchtest du in der Bearbeitung deiner Juraklausuren schneller werden? Hast du in Klausuren manchmal Zeitprobleme oder wirst nicht fertig? Oder willst du einfach noch mehr Zeit für die Schwerpunkte des Falles freischaufeln? 

Dann wird dieser Artikel dir helfen. Wir schauen uns gemeinsam an, wie du Optimierungspotenziale im Zeitmanagement deiner Klausurbearbeitung identifizierst und gezielt ausschöpfst.

Der häufigste Fehler – Was du auf keinen Fall tun darfst

Es gibt einen Kardinalfehler, von dem mir Studierende und Referendar*innen immer wieder berichten: Sie werden in Übungsklausuren regelmäßig nicht in der vorgegebenen Zeit fertig und nehmen sich dann mehr Zeit, um die Klausur “vernünftig” zu Ende zu schreiben.

Wenn du das bisher tust, höre bitte ab der nächsten Übungsklausur damit auf! Das Trainieren des Zeitmanagements und das Entwickeln eines Gefühls für die richtige Zeiteinteilung ist einer der wichtigsten Trainingseffekte von Übungsklausuren. 

Nicht nur, dass man sich dieses Trainingseffekts beraubt, wenn man sich mehr Zeit nimmt – man trainiert sich auch noch ein falsches Zeitgefühl an. Das startet einen Teufelskreis und ist für die echten Klausuren fatal.

Es ist viel besser, ein paar Übungsklausuren in den Sand zu setzen und dabei ein gutes Zeitmanagement zu lernen, als die Übungsklausuren zu bestehen und hinterher das Zeitmanagement immernoch nicht richtig zu können. 

Deshalb: Schreibe Übungsklausuren unbedingt unter Klausurbedingungen. Sie sind dein Trainingsgerät und das musst du entsprechend nutzen. Wie du das am besten machst, schauen wir uns in den folgenden Tipps genauer an.

Analysiere dein Zeitmanagement und trainiere gezielt

Tracke dein Zeitmanagement

Um in deinen Klausuren mehr Zeit zu schaffen, musst du wissen, wo deine Zeit aktuell hingeht. Tracke deshalb bei deinen Übungsklausuren, wie lange du für welche Bearbeitungsschritte brauchst. Wie du so eine Zeitmanagement-Analyse durchführst, habe ich hier ganz genau beschrieben, mit einer Mustertabelle, die du nur noch ausfüllen musst. 

Gerade, wenn du in Klausuren öfter Zeitprobleme hast, ist so ein Tracking hilfreich. Denn es hilft dir, zu erkennen, an welcher Stelle deine Zeitnot entsteht.

Sammle Zeitdaten aus guten Klausuren und von Dritten

Zu wissen, wofür du wie viel Zeit aufwendest, hilft dir aber erstmal nur begrenzt. Du brauchst natürlich auch Werte, mit denen du deine Daten vergleichen kannst.

Hierfür eignen sich zunächst erst einmal deine eigenen gelungenen Klausuren. Gelungen muss nicht gleich Prädikat heißen. Aber auch bei dir wird es Übungsklausuren geben die besser, und welche die schlechter laufen. Vergleiche einmal deine Zeiteinteilung bei den besseren mit denen bei den schlechteren Klausuren und schaue, ob du daraus Rückschlüsse für eine gelungene Zeiteinteilung ziehen kannst.

Darüber hinaus hilft es oft, deine Zeiteinteilung bei den verschiedenen Klausurtypen mit anderen Studierenden bzw. Referendar*innen zu vergleichen oder mit einem Repetitor zu besprechen. Für das erste Examen findest du hier ein hervorragendes Klausurentraining, bei dem du hinterher Empfehlungswerte der Zeiteinteilung für die ganz konkrete Klausur bekommst.

Trainiere gezielt einzelne Klausurteile

Nachdem du weißt, welche Teile deiner Klausurbearbeitung dich relativ gesehen zu viel Zeit kosten, kannst du die schnellere Bearbeitung dieser Teile gezielt trainieren.

Wenn du z.B. relativ lange für das Erfassen des Sachverhaltes oder das Erstellen der Lösungsskizze brauchst, dann löse mehrere Klausurfälle pro Woche skizzenartig durch, ohne sie auszuformulieren.

Wenn du in der Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen zu lange für das Ausformulieren des Tatbestandes brauchst, formuliere einfach mal ein Dutzend Tatbestände, ohne die ganze Klausur zu schreiben. 

Besiege Klausurperfektionismus

Oft werden Studierende oder Referendar*innen mit Klausuren nicht fertig, weil sie ihre Klausuren zu perfekt schreiben wollen. Dadurch stellen sie unbewusst die Bearbeitungsqualität derjenigen Teile, die sie bearbeiten, über die Fertigstellung der Klausur als Ganzes.

In der Klausurpraxis ist es jedoch fast immer besser, eine Klausur inhaltlich schlechter zu bearbeiten, aber dafür ein fertiges Arbeitsprodukt abzugeben.

Deshalb ist es wichtig, Klausurperfektionismus zu überwinden. Dazu haben sich folgende Tricks bewährt: 

Flip the Script: Reduziere deine Zeit noch weiter

Oft hilft ein zunächst etwas kontra-intuitiver Trick: Beschränke deine Zeit noch weiter und erlaube dir in einigen Übungsklausuren noch weniger Zeit, als du eigentlich für die Klausur zur Verfügung hättest.

Wenn du dich auf fünfstündige Examensklausuren vorbereitest, schreibe zum Beispiel einmal eine Klausur in vier Stunden. Und dann eine in viereinhalb. Natürlich wird das Ergebnis darunter leiden, aber es ist ja auch nur eine Übungsklausur. Und Übungsklausuren sind dazu da, dich zu trainieren, und nicht, dein Ego mit einer guten Note zu streicheln.

Diese Übung hat mehrere positive Effekte:

  1. Du lernst, noch stärker zu priorisieren.
  2. Du gewöhnst dich daran, Unzulänglichkeiten bewusst zuzulassen, um fertig zu werden und knallhart zu priorisieren.
  3. Sie hilft dir, Übungsklausuren mehr als Trainingsgerät und weniger als Prophezeiung deiner Examensnote zu sehen.
  4. Die volle Zeit kommt dir hinterher lang vor.

Mache einen “Übungsklausuren-Binge”

Mache außerdem mindestens einmal einen „Übungsklausuren-Binge“. Bei einem Übungsklausuren-Binge schreibst du in einer Woche fünf Übungsklausuren.

Wichtig ist, dass du diese Übungsklausuren nachmittags schreibst, damit du vormittags noch abstrakt lernen kannst. Denn nach den Übungsklausuren wirst du platt sein und nicht mehr effektiv lernen können. 

Diese Übung hilft dir, den “Respekt” vor Übungsklausuren zu verlieren. Du kommst schnell in eine Klausur-Routine und arbeitest die Klausuren effizient runter, schon alleine, weil du sie nachmittags schreibst und einfach endlich mal fertig werden und Feierabend machen willst.

Diese Übung hilft besonders gut, wenn du unter Klausurperfektionismus “leidest”.

Nutze Übungsklausuren als Sandkasten

Wo wir schon beim Klausurperfektionismus sind: In Übungsklausuren ist dieser völlig fehl am Platz. 

Benutze Übungsklausuren als „Trainingsgerät“, probiere mit Extremen herum, mache absichtlich Fehler und teste, wie sie sich auswirken. Übungsklausuren sind nicht dazu da, gute Noten zu bekommen, sondern um Dinge auszuprobieren, verschiedene Fähigkeiten gezielt zu trainieren und zu lernen.

Sie sind quasi dein Sandkasten, in dem du gefahrlos experimentieren kannst.

Denke im Abzugsmodell

Um deine knappe Zeit optimal einzusetzen, hilft oft das Denken in einem “Abzugsmodell”. 

Stell dir vor, du beginnst die Klausur mit 18 Punkten. Und an jeder Stelle, wo deine Lösung nicht komplett perfekt ist, bekommst du Punktabzug. Wäge dann beim Erstellen der Lösungsskizze und beim Schreiben ab, wo es sich lohnt, Abzug bewusst in Kauf zu nehmen.

Oft kann es zum Beispiel Sinn machen, z.B. in der Zulässigkeit (oder, im zweiten Examen, im Tatbestand) 1 oder 2 Punkte Abzug für oberflächliche Bearbeitung bewusst in Kauf zu nehmen, um 5 oder 6 Punkte Abzug bei den materiellen Problemschwerpunkten zu vermeiden. 

Einige Kanditat(inn)en machen genau das Gegenteil: Sie bearbeiten die kleinen Probleme besonders ausführlich, weil sie meinen, die großen ohnehin nicht gut genug bearbeiten zu können. Das ist eine selbsterfüllende Prophezeiung, gegen die du unbedingt arbeiten musst.

Auf den Zusammenhang zwischen Zeitproblemen und Klausurselbstbewusstsein gehen Sven-Alexander und ich in unserem Artikel auf Examensritter Warum Zeitnot in Juraklausuren oft von Selbstzweifeln verursacht wird genauer ein.

Klausurbearbeitungstechniken, die Zeit sparen

Arbeite mit Zeitstrahlen und Skizzen

Mache dir auf jeden Fall immer Zeitstrahlen oder Skizzen, je nach Klausur. Das wirkt zwar zuerst nach Mehraufwand, sorgt aber für Klarheit, vermeidet Fehler und spart damit am Ende (viel) Zeit. Die Zeitinvestition lohnt sich auf jeden Fall.

Nutze in der Lösungsskizze für Sachverhaltsbezugnahmen ein Verweissystem

Wenn du für problematische Subsumtionen Argumente aus dem Sachverhalt ziehst, läufst du leicht Gefahr, Sachverhaltsinformationen zweimal abzuschreiben: das erste Mal aus dem Sachverhalt in die Lösungsskizze und das zweite Mal aus der Lösungsskizze in die Reinschrift. 

Die dafür benötigte Zeit kannst du dir sparen, wenn du dir in deiner Lösungsskizze ein Verweissystem antrainierst. Das funktioniert so:

  1. Schreibe neben jede Sachverhaltspassage, auf die du Bezug nehmen möchtest, eine Nummer.
  2. In der Lösungsskizze verweist du auf Sachverhaltspassagen mit dem Format „Seitenzahl.Nummer“. Der Verweis „4.3“ bezieht sich also z.B. auf diejenige Passage auf Seite 4 des Sachverhaltes, neben die du die Nummer 3 geschrieben haben.

Achtung: Beginne mit der Nummerierung unbedingt auf jeder Seite neu bei 1. Sonst bekommst du ein Problem, wenn du nachträglich weitere Nummern einfügen willst. 

Im zweiten Staatsexamen ist so eine Verweistechnik besonders wichtig, weil die Sachverhalte hier nochmal deutlich länger sind und du in der Regel besonders viel mit dem Sachverhalt argumentieren musst.

Nutze in der Lösungsskizze ein Abkürzungssystem

Nutze deine Übungsklausuren, oder Übungs-Lösungsskizzen dazu, eine eigene Abkürzungssprache für deine Lösungsskizzen zu entwickeln. Dafür gibt es keine festen Regeln. Entscheidend ist, dass du deine “Lösungsskizzensprache” gewohnt bist und sie dir Zeit spart.

Ich habe zum Beispiel unter anderem “S” für Streit geschrieben, “M1” für “Meinung 1”, “Rf.” für Rechtsfolge, “RW” für “Rechtswidrigkeit” und “SH” für “Schuld”. Wenn ich irgendwo argumentieren musste, habe ich ein “!” links an den Rand der Skizze geschrieben.

Kombiniert man Sachverhalte mit Abkürzungen, fordert die Lösungsskizze oft nicht mehr viel Schreibarbeit. 

Als Beispiel hier, wie nach meinem Abkürzungs- und Verweissystem der Lösungsskizzenabschnitt zur Frage, ob ein Schuldanerkenntnis vorliegt, aussehen könnte:

! abstr. SHAnerkenntnis.

Def. —> Auslegung

(+): 3.2, 4.1

(-): 1.4

(+)

Das “!” zeigt, dass ich argumentieren muss. “SHAnerkenntnis” steht für Schuldanerkenntnis. Nach der Definition eines abstrakten (konstitutiven) Schuldanerkenntnis ist dieses durch Auslegung vom rein deklaratorischen oder rein tatsächlichen Schuldanerkenntnis mit Beweisfunktion abzugrenzen1

Für die Auslegung als abstraktes Schuldanerkenntnis sprechen die Sachverhaltspassagen 3.2 und 4.1 (gemäß meines Verweissystems) und dagegen die Passage 1.4. Am Ende entscheide ich mich für das abstrakte Schuldanerkenntnis, deshalb das “(+)” in der letzten Zeile.

Einzelhinweise für zivilrechtliche Urteilsklausuren im zweiten Staatsexamen:

Zum Abschluss noch ein paar spezielle Tipps, die nur für zivilrechtliche Urteilsklausuren im zweiten Staatsexamen gelten:

  • Versuche, für das Ausformulieren des Tatbestand eines Urteils nicht länger als eine halbe Stunde zu brauchen. Um dorthin zu kommen, schreibe mindestens einmal eine Urteilsklausur, wo Du dir gezielt nur 15 Minuten Zeit für das Ausformulieren des Tatbestandes gibst.
  • Plane 2 Punkte Abzug nach dem oben beschriebenen Abzugsmodell im Tatbestand schon von vornherein ein. So verhinderst du, zu viel Zeit mit dem Tatbestand zu verbringen und hast mehr Zeit für die Klausurschwerpunkte. 
  • Streitigen Sachverhalt kannst du in der Lösungsskizze einfach farbig markieren. Nimm dabei eine unterschiedliche Farbe für die streitigen Behauptungen jeder Partei, also z.B. rot für streitige Behauptungen des Klägers und blau für streitige Behauptungen des Beklagten. Auf diese Weise musst du keine umständliche Tabelle anfertigen und weißt trotzdem immer, was streitig und was unstreitig ist und von wem der jeweilige streitige Vortrag vorgebracht wurde. (Diese Vereinfachung funktioniert natürlich nicht, wenn das Anfertigen einer Tabelle bzw. Relation in deinem Bundesland als Teil der Klausurleistung vorgeschrieben ist.)

Schlusswort

Das Schreiben von Jura-Klausuren ist keine naturgegebene Fähigkeit. Gerade das Zeitmanagement und die schnelle Bearbeitung der Klausur braucht einfach Übung. Wichtig ist aber, dass du gezielt trainierst. Amerikanische Leistungspsychologen nennen das “Deliberate Practice”. Einfach nur blind immer mehr Übungsklausuren zu schreiben, hilft zwar auch oft auch ein bisschen, aber nicht immer und vor allem nicht genug. 

Ich hoffe, dir mit diesem Artikel Anstöße für ein effizientes, auf schnelle Bearbeitung und gutes Zeitmanagement ausgerichtetes, Klausurentraining gegeben zu haben. 

Empfehlung für ein auf „Klausur-Fähigkeiten“ fokussiertes Klausurentraining

Wenn du noch ausführlichere, ganz individuelle Unterstützung dabei haben möchtest, Klausuren schneller zu schreiben und weitere Klausurfertigkeiten gezielt zu verbessern, empfehle ich di dieses Klausurentraining

Das Konzept hinter dem Klausurtraining haben ein erfahrener Individual-Repetitor und ich zusammen entwickelt: Du schreibst drei Klausuren, die jeweils ganz bestimmte Fähigkeiten (wie z.B. Zeitmanagement) besonders fordern. Anschließend wird deine Klausur von einem erfahrenen Repetitor (w/m) ausführlich korrigiert und du erhältst zu jeder Klausur ein Einzelcoaching, dass dir bei der Verbesserung der angefragten Klausurfähigkeit hilft. Bei der “Zeitnot-Klausur” wäre diese Fähigkeit dann z.B. das Zeitmanagement und die schnelle Klausurbearbeitung.

Hier gibt’s weitere Infos zu dem Klausurentraining.

Weitere kostenlose Tipps für bessere Jura-Klausuren

Weitere Hilfen zum Verbessern deiner Jura-Klausuren gebe ich dir in diesen Artikeln:

Quellennachweise:

  1. s. dazu etwa BeckOK BGB, 59. Edition Stand 01.08.2021, § 781 Rn 2.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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