§ 244 Abs. 1 StGB enthält Qualifikationstatbestände des Diebstahls nach § 242 StGB: den Diebstahl mit Waffen in Abs. 1 Nr. 1, den Bandendiebstahl in Abs. 1 Nr. 2 und den Wohnungseinbruchdiebstahl in Abs. 1 Nr. 3.

Im Folgenden zeige ich Dir zuerst ein Kurzschema für den ersten Überblick über die Prüfung des § 244 StGB. Darunter findest Du dann ein ausführliches Prüfungsschema zu § 244 StGB mit Definitionen und Klausurproblemen.

Zunächst ein Kurzschema zu § 244 StGB ohne Definitionen:

A. Tatbestand

I. Objektiver Tatbestand

1. Grundtatbestand, § 242 Abs. 1 StGB

2. Qualifikation, § 244 Abs. 1 StGB

a) § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB: Diebstahl mit Waffen oder anderem gefährlichem Werkzeug

aa) Waffe oder anderes gefährliches Werkzeug

bb) Beisichführen

b) § 244 Abs. 1 Nr. 1 b StGB: Diebstahl mit sonstigen Werkzeugen

aa) Sonst ein Werkzeug oder Mittel

bb) Beisichführen

c) § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB: Bandendiebstahl

aa) Bande

bb) Unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds

d) § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB: Wohnungseinbruchdiebstahl

aa) Wohnung

bb) Tathandlungen

II. Subjektiver Tatbestand

1. Vorsatz (bzgl. Grundtatbestand und Qualifikation)

2. Zueignungsabsicht

B. Rechtswidrigkeit

C. Schuld

Sodann ein ausführliches Schema zu § 244 StGB mit Definitionen und Klausurproblemen:

A. Tatbestand

I. Objektiver Tatbestand

1. Grundtatbestand, § 242 Abs. 1 StGB

Siehe dazu das Prüfungsschema zum Diebstahl nach § 242 StGB.

2. Qualifikation, § 244 Abs. 1 StGB

a) Diebstahl mit Waffen, § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB

aa) Waffe oder anderes gefährliches Werkzeug

Waffen sind solche Gegenstände, die objektiv gefährlich, also geeignet sind, nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Zustand erhebliche Verletzungen zuzufügen (Waffen im technischen Sinne).1

Die Definition des anderen gefährlichen Werkzeugs ist umstritten. Die Definition des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB kann keine Anwendung finden, da es bei ihr auf die Verwendung im konkreten Fall ankommt, im Rahmen von § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB aber keine Verwendung erforderlich ist.2 Folgende Ansichten werden vertreten:3

  • Ansicht 1: Die abstrakte Geeignetheit, erhebliche Verletzungen mit dem Gegenstand herbeizuführen, genügt.
  • Ansicht 2: Der Gegenstand darf in der konkreten Tatsituation gar nicht anders verwendet werden können, als Leibes- oder Lebensgefahr zu begründen (sog. „Single-use-Gegenstand“).
  • Ansicht 3: Erforderlich ist neben der allgemeinen Eignung, erhebliche Körperverletzungen zu verursachen, auch ein Verwendungsvorbehalt als subjektive Komponente.
  • Ansicht 4: Der Gegenstand muss in der Situation eines Diebstahls typischerweise als Verletzungswerkzeug verwendet werden.

bb) Beisichführen

Der Täter führt die Waffe oder das gefährliche Werkzeug bei sich, wenn ihm das Mittel während des Tathergangs zur Verfügung steht, d.h. in seiner räumlichen Nähe ist, so dass er es jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten, benutzen kann.4

Klausurproblem: Beisichführen nur im Beendigungsstadium

  • Nach ständiger Rechtsprechung genügt das Beisichführen im Beendigungsstadium wegen der gleichwertigen Gefährlichkeit.5
  • Die Literatur sieht darin mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG eine bedenkliche Ausweitung und ein Unterlaufen des § 252 StGB.6

b) Diebstahl mit sonstigem Werkzeug, § 244 Abs. 1 Nr. 1b StGB

aa) Sonstiges Werkzeug

Sonstige Werkzeuge und Mittel sind Gegenstände, die bei ihrem (geplanten) Einsatz nur einfache Körperverletzungen herbeiführen können.7

Bei Scheinwaffen ist danach abzugrenzen, ob die Drohung oder die Täuschung dominiert. Dominiert die Drohung, liegt § 244 Abs. 1 Nr. 1b StGB vor, da für die Drohung bereits der Anschein der Ernstlichkeit genügt.8

Keine sonstigen Werkzeuge sind aber Gegenstände, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als offensichtlich ungefährlich und deshalb nicht geeignet erscheinen, mit ihnen auf den Körper eines anderen in erheblicher Weise einzuwirken, wie z.B. ein in den Rücken gedrückter Labello Stift. Hier überwiegt die Täuschung.9

bb) Beisichführen

Siehe oben.

c) Bandendiebstahl, § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB (ggf. i.V.m. § 244a StGB)

aa) Bande

Eine Bande ist ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen.10

bb) Unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds

Unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds wird die Tat begangen, wenn mindestens zwei am Tatort anwesende Bandenmitglieder bei der Tatausführung räumlich-zeitlich zusammenwirken. Mittäterschaft ist nicht erforderlich.11

d) Wohnungseinbruchdiebstahl, §§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB (ggf. i.V.m. Abs. 4)

Wohnungen sind Räumlichkeiten, die bestimmungsgemäß zur Unterkunft von Menschen dienen.12

Klausurproblem: gemischt genutzte Gebäude

  • Wohnungseinbruchdiebstahl liegt vor, wenn der Täter in Wohnräume eingebrochen ist, um aus angrenzenden Geschäftsräumen zu stehlen (wegen des Wortlauts: „in eine Wohnung einbricht“).13
  • Aus demselben Grund kein Wohnungseinbruchdiebstahl, wenn der Täter in einen Geschäftsraum eingebrochen ist, um aus der angrenzenden Wohnung zu stehlen.14 Anders aber, wenn der für geschäftliche Zwecke genutzte Bereich, in den eingebrochen wird, so in den Wohnbereich integriert ist, dass insgesamt eine in sich geschlossene Einheit vorliegt.15

III. Subjektiver Tatbestand

1. Vorsatz (bzgl. Grundtatbestand und Qualifikation)

2. Zueignungsabsicht

Siehe dazu das Prüfungsschema zum Diebstahl nach § 242 StGB.

B. Rechtswidrigkeit

Allgemeine Rechtfertigungsgründe

C. Schuld

Allgemeine Entschuldigungsgründe

Schlusswort

Ich hoffe, Du fandest dieses Prüfungsschema zur Qualifikation des Diebstahls nach §§ 242, 244 StGB hilfreich. Wenn Du Verbesserungsvorschläge hast, lass es mich gerne wissen! Ich bin immer bemüht, die Inhalte auf Juratopia weiter zu verbessern.

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Quellennachweise:

  1. Lackner/Kühl StGB, 29. Aufl. 2018, § 244 Rn. 3a.
  2. Vgl. u.a. BeckOK StGB, 48. Edition 01.11.2020, Gefährliches Werkzeug, Rn. 3.
  3. Eine Übersicht mit weiteren Nachweisen findet sich bei Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 43. Aufl. 2020, Rn. 273 f.
  4. BGH, Urt. v. 20.09.2017, Az.:  StR 112/17.
  5. BGH, Urt. v. 20.09.2017, Az.:  StR 112/17.
  6. Sinn/SK StGB, 9. Aufl. 2015, § 250 Rn. 21.
  7. Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, § 244 Rn. 61.
  8. Otto, Jura 1997, 473.
  9. BGH, Urt. v. 20.06.1996, Az.: 4 StR 147/96.
  10. BGH, Beschl. v. 22.03.2001, Az.: GSSt 1/00.
  11. BGH, Beschl. v. 22.03.2001, Az.: GSSt 1/00.
  12. BGH, Urt. v. 22.02.2012, 1 StR 378/11.
  13. BGH, Urt. v. 21.06.2001, Az.: 4 StR 94/01.
  14. BGH. Beschl. v. 24.04.2008, 4 StR 126/08.
  15. BGH, Urteil vom 22.02.2012, Az. 1 StR 378/11.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia.

Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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