Beim Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB vereinbaren die Vertragsparteien, dass ein Dritter unmittelbar das Recht erwirbt, eine Leistung zu fordern. Die §§ 328 bis 335 BGB enthalten weitere Regelungen zum Vertrag zugunsten Dritter.

Zum Einstieg ein kurzer Überblick über die einzelnen Rechtsverhältnisse beim Vertrag zugunsten Dritter:

  • Das Deckungsverhältnis besteht zwischen Schuldner (Versprechendem) und Gläubiger (Versprechensempfänger). Die Bezeichnung als Deckungsverhältnis kommt daher, dass der Versprechende vom Versprechensempfänger die Deckung für die Leistung an den Dritten erhält.1 Wenn der Vertrag im Deckungsverhältnis formbedürftig ist, gilt das auch für einen Vertrag zugunsten Dritter.2 
  • Das Valutaverhältnis (Zuwendungsverhältnis) ist das Verhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten. Deckungsverhältnis und Valutaverhältnis sind unabhängig voneinander. Das bedeutet, dass Leistungsstörungen im Valutaverhältnis das Deckungsverhältnis nicht berühren.3
  • Das Vollzugsverhältnis ist das Verhältnis zwischen Versprechendem und dem Dritten. Der Dritte hat mit dem Versprechenden kein eigenes Vertragsverhältnis, sondern nur ein „abgespaltenes Forderungsrecht“.4

Im Folgenden zeige ich Dir zuerst ein Kurzschema für den ersten Überblick über die Prüfung des Vertrages zugunsten Dritter. Darunter findest Du dann ein ausführliches Prüfungsschema zum Vertrag zugunsten Dritter mit Erläuterungen.

Zunächst ein Kurzschema zum Vertrag zugunsten Dritter für den ersten Überblick:

I. Vorliegen eines echten Vertrags zugunsten Dritter

1. Abgrenzung zu anderen Verträgen zugunsten Dritter

2. Wirksamer Vertrag zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger

3. Vereinbarung der Leistung an einen Dritten als Leistungsempfänger mit eigenem Forderungsrecht des Dritten

II. Rechtsfolgen

1. Für den Dritten: Eigener Leistungsanspruch

2. Für den Versprechensempfänger: Nur Anspruch auf Leistung an den Dritten

3. Für den Versprechenden: Schuldbefreiende Leistung an den Dritten

Sodann ein ausführliches Schema zum Vertrag zugunsten Dritter mit Erläuterungen:

I. Vorliegen eines echten Vertrags zugunsten Dritter

1. Abgrenzung zu anderen Verträgen zugunsten Dritter

Kennzeichen des echten Vertrags zugunsten Dritter ist es, dass der Dritte ein eigenes Forderungsrecht erhält, die Leistung also unmittelbar selbst fordern kann.

Bei den unechten Verträgen zugunsten Dritter ist hingegen der Versprechende nur verpflichtet, an den Dritten zu leisten, ohne dass der Dritte ein eigenes Forderungsrecht erwirbt.5

Beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sind am Vertragsschluss nicht beteiligte Dritte in der Weise in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen, dass ihnen zwar keine primären Leistungspflichten zustehen, aber Verhaltens- und Schutzpflichten im Verhältnis zu ihnen verletzt werden können.6

  • Nach der Auslegungsregel des § 328 Abs. 2 BGB ist aus den Umständen, insbesondere dem Vertragszweck, zu entnehmen, wie der Vertrag genau ausgestaltet sein soll.

2. Wirksamer Vertrag zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger

Zwischen Versprechensempfänger und Versprechendem muss im Deckungsverhältnis ein wirksamer Vertrag geschlossen worden sein.

Dieser ist Rechtsgrund für die Leistung des Versprechenden an den Dritten.7

Der Vertrag zugunsten Dritter ist kein eigener Vertragstyp und deshalb § 328 Abs. 1 BGB keine eigene Anspruchsgrundlage.8 Das sogenannte Deckungsverhältnis zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger kann jeder beliebige Vertragstyp sein. Häufig sind in der Praxis z.B. Versorgungsregelungen mit Drittbegünstigungsklauseln.9

3. Vereinbarung der Leistung an einen Dritten als Leistungsempfänger

Der Dritte kann jeder Rechtsträger sein.10

Auch noch nicht gezeugte natürliche oder noch nicht gegründete juristische Personen können begünstigte Dritte sein, sofern die Person des Dritten bestimmbar ist.11

Versprechensempfänger und Versprechender müssen ausdrücklich oder konkludent12 vereinbaren, dass der Dritte das Recht bekommen soll, die Leistung selbst zu fordern (sog. Drittbegünstigungsabrede).

II. Rechtsfolgen

1. Für den Dritten: Eigener Leistungsanspruch

Der Dritte erwirbt einen eigenen, selbstständigen Anspruch auf die versprochene Leistung. Er ist berechtigt, die Leistung zu fordern, muss aber keine Gegenleistung erbringen.13

Ihn treffen jedoch vertragliche Nebenpflichten bei der Ausübung seiner Gläubigerrechte 14, insbesondere Rücksichtnahme– und Sorgfaltspflichten.

Nach § 333 BGB kann der Dritte seinen Anspruch dem Versprechenden gegenüber zurückweisen, mit der Folge, dass das Recht als nicht erworben gilt.

2. Für den Versprechensempfänger: Nur Anspruch auf Leistung an den Dritten

Nach § 335 BGB hat der Versprechensempfänger, sofern nicht ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist, einen Anspruch gegen den Versprechenden auf Leistung an den Dritten.

3. Für den Versprechenden: Schuldbefreiende Leistung an den Dritten

Der Versprechende kann nur noch an den Dritten schuldbefreiend leisten.

Verletzt der Versprechensempfänger Vertragspflichten, kann der Versprechende ihm gegenüber die gewöhnlichen Sekundäransprüche geltend machen. Ein Verschulden des Dritten muss sich der Versprechensempfänger dabei ggf. über § 278 BGB zurechnen lassen.15

Verletzt der Dritte seine oben genannten gegenüber dem Versprechenden bestehenden Nebenpflichten, erwirbt der Versprechende Schadensersatzansprüche gegen den Dritten.

Nach § 334 BGB stehen Einwendungen aus dem Vertrag dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu. § 334 BGB ist aber kein zwingendes Recht.16

Schlusswort

Ich hoffe, Du fandest dieses Prüfungsschema zum Vertrag zugunsten Dritter hilfreich. Wenn Du Verbesserungsvorschläge hast, lass es mich gerne wissen! Ich bin immer bemüht, die Inhalte auf Juratopia weiter zu verbessern.

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Quellennachweise:

  1. BGH, Urteil vom 29.5.1984, Az.: IX ZR 86/82.
  2. BGH, Urteil vom 09.4.1970, Az.: KZR 7/69.
  3. vgl. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 328 Rn. 29.
  4. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 328 Rn. 31.
  5. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 328 Rn. 9.
  6. vgl. den „Salatblattfall“: BGH, Urteil vom 28.1.1976, Az.: VIII ZR 246/74.
  7. BeckOK BGB, 55. Auflage, § 328 BGB Rn. 7.
  8. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 328 Rn. 20.
  9. BeckOK BGB, 55. Auflage, § 328 BGB Rn. 12.
  10. MüKo BGB, 8. Auflage 2019, § 328 Rn. 24.
  11. BeckOK BGB, 56. Edition 2020, § 328 Rn. 14; für noch nicht gezeugte Kinder BGH, Urteil vom 3.5.1995, Az.: XII ZR 29/94.
  12. BGH, Urteil vom 16.10.1990, Az.: XI ZR 330/89.
  13. BeckOK BGB, 55. Auflage, § 328 BGB Rn. 17.
  14. BGH, Urteil vom 22.9.2005, Az.: III ZR 295/04, MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 328 Rn. 31.
  15. Jauernig BGB, 18. Auflage 2021, § 328 Rn. 18.
  16. MüKo BGB, 8. Auflage 2019, § 334 Rn. 2.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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