Die Stellvertretung ist in den §§ 164 ff. BGB geregelt.
Im Folgenden zeige ich Dir zuerst ein Kurzschema für den ersten Überblick über die Prüfung der Stellvertretung. Darunter findest Du dann ein ausführliches Prüfungsschema zur Stellvertretung mit Erläuterungen und Klausurproblemen.
Kurzschema zur Stellvertretung für den ersten Überblick:
I. Zulässigkeit einer Stellvertretung
II. Eigene Willenserklärung des Stellvertreters
III. Im fremden Namen (Offenkundigkeitsprinzip)
IV. Innerhalb der Vertretungsmacht
Ausführliches Schema zur Stellvertretung mit Erläuterungen und Klausurproblemen:
I. Zulässigkeit einer Stellvertretung
- Nur bei Rechtsgeschäften und analog bei geschäftsähnlichen Handlungen wie z.B. einer Fristsetzung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB1, nicht bei Realakten wie z.B. der Übergabe2.
- Unzulässig bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften wie Eheschließung (§ 1311 BGB), Testamentserrichtung (§ 2064 BGB) oder Abschluss eines Erbvertrags (§ 2274 BGB).
- In der Klausur in der Regel unproblematisch und dann nicht anzusprechen.
II. Eigene Willenserklärung des Stellvertreters
- Abgrenzung zum Boten (der nur eine fremde Willenserklärung überbringt).
- P: Abgrenzung des Empfangsvertreters nach § 164 Abs. 3 BGB vom Empfangsboten.Empfangsvertretung liegt vor, wenn aus Sicht des Mittelsmanns die Erklärung an ihn gerichtet ist, aber die Rechtsfolgen nur gegenüber dem Geschäftsherren eintreten sollen. Der Empfangsvertreter ist ein mit eigener Empfangszuständigkeit ausgestalteter Repräsentant3.
Empfangsbotenschaft liegt vor, wenn aus Sicht des Mittelsmanns eine Erklärung nur an den Geschäftsherrn weitergeleitet werden soll. Der Empfangsbote ist nur eine „unselbständige Empfangseinrichtung“4.
III. Im fremden Namen (Offenkundigkeitsprinzip)
- Auch konkludent möglich, § 164 I S. 2 BGB.
- Ausnahme: Geschäft für den, den es angeht (Bargeschäfte des täglichen Lebens, bei denen die Leistungen sofort bewirkt werden)5.
- P: Handeln unter fremdem Namen: Vertreter tritt nicht für einen anderen, sondern als ein anderer auf.Ist die Identität des Handelnden für den Vertragspartner irrelevant (bloße Namenstäuschung), so kommt das Geschäft mit dem Verwender des falschen Namens zustande6.
Ist die Identität des Handelnden für den Vertragspartner relevant (Identitätstäuschung), so gelten §§ 164 ff. BGB analog, bei fehlender Vertretungsmacht gilt auch § 179 Abs. 1 BGB analog7.
IV. Innerhalb der Vertretungsmacht
1. Rechtsgeschäftlich (Vollmacht)
- Erteilung gegenüber dem Vertreter (Innenvollmacht, § 167 I Alt. 1 BGB) oder gegenüber dem Erklärungsempfänger (Außenvollmacht, § 167 I Alt. 2 BGB).
- Vollmacht nicht nichtig oder erloschen.
2. Gesetzlich
- Z.B. gesetzliche Vertretungsmacht von Eltern für ihre Kinder (§§ 1626, 1629 BGB) oder der Geschäftsführer einer GmbH für die Gesellschaft (§ 35 GmbHG).
3. Duldungsvollmacht (Rechtsschein)8
aa) (nicht zwingend mehrfaches) Auftreten als Vertreter.
bb) Der Vertretene hat Kenntnis davon.
cc) Der Vertretene duldet das Auftreten, obwohl ihm ein Unterbinden möglich wäre.
dd) Gutgläubigkeit des Dritten, § 173 BGB analog.
Weitergehende Erläuterungen in meinem Artikel zur Duldungsvollmacht.
4. Anscheinsvollmacht (Rechtsschein)9
aa) Mehrfaches Auftreten als Vertreter von gewisser Dauer.
bb) Der Vertretene hat davon zumindest fahrlässige Unkenntnis.
cc) Möglichkeit des Vertretenen, das Auftreten zu unterbinden.
dd) Gutgläubigkeit des Dritten, § 173 BGB analog.
Weitere Erläuterungen in meinem Artikel zur Anscheinsvollmacht.
Schlusswort
Ich hoffe, Du fandest dieses Prüfungsschema zur Stellvertretung nach den §§ 164 ff. BGB hilfreich. Wenn Du Verbesserungsvorschläge hast, lass es mich gerne wissen! Ich bin immer bemüht, die Inhalte auf Juratopia weiter zu verbessern.
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Quellennachweise:
- BGH Az.: VI ZR 126/04
- Schulze BGB, 10. Auflage 2019, Rn. 2
- MüKo, 8. Auflage 2018, § 164 Rn. 86
- MüKo, 8. Auflage 2018, § 164 Rn. 86
- BGH Az.: XI ZR 224/02
- BGH Az.: V ZR 92/12
- BGH Az.: II ZR 18/64
- vgl. zu den Voraussetzungen der Duldungsvollmacht etwa MüKo, 8. Auflage 2018, § 167 Rn. 106 ff.; BGH Az.: VIII ZR 313/13; BGH Az.: VIII ZR 289/09
- vgl. zu den Voraussetzungen der Anscheinsvollmacht etwa MüKo, 8. Auflage 2018, § 167 Rn. 111 ff.; BGH Az.: V ZR 305/12