Ob jemand Mittäter einer Tat sein kann, wenn er Tatbeiträge ausschließlich vor Versuchsbeginn geleistet hat, ist umstritten.

Beispiel: A, B und C wollen Autos, um sie zu verkaufen. A kundschaftet die Gegenden, in denen die Diebstähle begangen werden sollen, aus, führt B und C zu den Stellen, an denen die Autos stehen und erklärt ihnen, wie diese gesichert sind. B und C brechen wie geplant die Autos auf und verkaufen diese. Der Gewinn wird zwischen den dreien in gleichem Umfang geteilt.

Herrschende Meinung: Mittäter kann auch sein, wer ausschließlich im Vorbereitungsstadium Beiträge erbringt.1

Argumente:

  • Erhebliche Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium können das „Beteiligungsminus“ bei der Tatausführung ausgleichen.
  • Anderenfalls ergäben sich unbillige Ergebnisse bei Bandentaten: Der Bandenchef als Organisator könnte nicht als Täter bestraft werden2
  • Wer als Organisator die Tat erheblich prägt, bestimmt damit auch die Tatausführung als solche im Vorfeld mit.3

Minderansicht in der Literatur: Wer lediglich vor Versuchsbeginn Beiträge erbringt, kann nicht Täter sein.4

Argumente:

  • Er hat bei Tatbegehung keine tatsächliche Tatherrschaft in Form einer Mitwirkungsmöglichkeit mehr.
  • Ihn dennoch als Täter zu bezeichnen, würde den Begriff der Tatherrschaft überdehnen.5
  • Es muss – genau wie bei der Alleintäterschaft – unterschieden werden zwischen strafloser Vorbereitung und strafbarer Begehung. Diese Grenze droht sonst zu verschwimmen.6

Wohl herrschende Lehre: Nach der wohl herrschenden Lehre muss ein “Weniger” bei der Ausführung durch ein “Mehr” bei der Planung ausgeglichen werden (sog. funktionale Tatherrschaft).7

Argument: Wenn ein prägender Beitrag in der Vorbereitung eine Abhängigkeit der Beteiligten begründet, ist auch vor dem Hintergrund des Tatherrschaftsgedanken keine Mitwirkung im Ausführungsstadium mehr erforderlich.8

Zur umgekehrten Situation, der Beteiligung nach Vollendung der Tat, findest du hier mehr: Sukzessive Mittäterschaft.

Schlusswort von Lucas

Ich hoffe, du fandest diesen Überblick zum Tätigwerden eines Mittäters nur im Vorbereitungsstadium hilfreich. Wenn du Verbesserungsvorschläge hast, lass es mich gerne wissen! Ich bin immer bemüht, die Inhalte auf Juratopia weiter zu verbessern.

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Quellennachweise:

  1. BGH, Beschluss vom 29.09.2015, Az.: 3 StR 336/15.
  2. Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, § 25 Rn. 68.
  3. Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, § 25 Rn. 67.
  4. zusammenfassend zu dieser Ansicht mit weiteren Nachweisen MüKo StGB, 4. Auflage 2020, § 25 Rn. 198.
  5. Zieschang, in: ZStW 107 (1995), 361, 373 f.
  6. Joecks/Scheinfeld, in: Münchener Kommentar, § 25 Rn. 204.
  7. im Detail zum Meinungsspektrum in der Literatur MüKo StGB, 4. Auflage 2020, § 25 Rn. 198.
  8. v. Heintschel-Heinegg, in: BeckOK StGB, 50. Edition Stand 01.05.2021, § 25 Rn. 47.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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