In diesem Beitrag zeige ich Dir zuerst ein Kurzschema für den Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB. Darunter findest Du dann ein ausführliches Prüfungsschema zum Grundbuchberichtigungsanspruch mit Definitionen und Klausurtipps. 

Kurzschema zum Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB:

A. Entstehung des Anspruchs

I. Unrichtigkeit des Grundbuchs

II. Anspruchsinhaber

III. Verpflichteter

IV. Inhalt des Anspruchs

B. Einwendungen und Einreden

I. Verzicht

II. Zurückbehaltungsrechte

III. Gegenrechte aus § 242 BGB

IV. Verjährung

C. Konkurrenzen

Ausführliches Schema zum Grundbuchberichtigungsanspruch mit Definitionen und Klausurproblemen:

A. Entstehung des Anspruchs

I. Unrichtigkeit des Grundbuchs

Gemäß § 894 BGB erfordert der Grundbuchberichtigungsanspruch zunächst, dass der Inhalt des Grundbuchs gegenwärtig mit der wirklichen dinglichen Rechtslage nicht in Einklang steht (Divergenz zwischen Buchinhalt und materieller Rechtslage).

  • Deshalb ist das Grundbuch nicht unrichtig iSd § 894 BGB, wenn die Unrichtigkeiten rein tatsächlicher Art sind (z. B. Schreibfehler oder Ungenauigkeiten). Solche tatsächlichen Unrichtigkeiten sind vielmehr von Amts wegen zu berichtigen.1

Die Unrichtigkeit tritt stets in mindestens einer der folgenden beiden Konstellationen auf:2

  • Verlautbarung eines nicht mit dem eingetragenen Inhalt bestehenden Rechts; oder
  • Nichtverlautbarung oder unvollständige Verlautbarung eines bestehenden Rechts.

Zur Verlautbarung eines nicht bestehenden Rechts kommt es vor allem dann, wenn grundstücksbezogene Rechtsänderungen eingetragen werden, sich aber im Nachhinein als unwirksam herausstellen (z.B. bei Nichtigkeit eines Grundstückerwerbs).

Die Nichtverlautbarung eines bestehenden Recht folgt umgekehrt meist daraus, dass materiell wirksame Rechtsänderungen (noch) nicht korrekt eingetragen wurden (z.B. Entstehung einer Eigentümerhypothek wegen Erlöschen der gesicherten Forderung). 

Klausurhinweise:

  • Um festzustellen, ob das Grundbuch unrichtig ist, musst Du die materielle Rechtslage prüfen. Dabei solltest Du chronologisch vorgehen.
  • Vormerkungswidrige Verfügungen gem. § 883 Abs. 2 BGB machen das Grundbuch nicht unrichtig.3 Sie sind nämlich nur gegenüber dem Vormerkungsinhaber relativ unwirksam, gegenüber allen anderen Personen ist der vormerkungswidrige Erwerb ohne Einschränkungen wirksam. Der Vormerkungsberechtigte hat zur Durchsetzung seiner gesicherten Forderung den Zustimmungsanspruch aus § 888 BGB.

II. Anspruchsinhaber

Der Berichtigungsanspruch steht gem. § 894 BGB demjenigen zu, „dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist“.

Gemeint ist damit natürlich der materiell Berechtigte und nicht etwa der Buchberechtigte.4

Liegt die Unrichtigkeit in einer falsch eingetragenen Belastung oder Beschränkung, muss der Anspruchsinhaber unmittelbar beeinträchtigt sein.5

So ist etwa der Grundstückseigentümer nicht beeinträchtigt, wenn im Grundbuch eine Grundschuld deshalb falsch eingetragen ist, weil sie in Wahrheit einem Dritten zusteht: Beeinträchtigt ist durch die unrichtige Eintragung dann ausschließlich der Dritte; nur ihm steht insoweit der Anspruch aus § 894 BGB zu.6

III. Verpflichteter

Passivlegitimiert für den Anspruch aus § 894 BGB ist der Buchberechtigte, also derjenige, zu dessen Gunsten der Grundbuchinhalt von der wirklichen Rechtslage abweicht und dessen im Grundbuch fälschlicherweise eingetragenes Recht durch die Anpassung des Buchinhalts beseitigt oder geschmälert wird.7

IV. Inhalt des Anspruchs

Sind die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, kann der Berechtigte vom Verpflichteten verlangen, dass dieser gegenüber dem Grundbuchamt die zur Grundbuchberichtigung erforderliche Bewilligung (§ 19 GBO) formgerecht (§ 29 GBO) abgibt.

  • Rechtsfolge ist also nicht etwa ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung, sondern ein Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung.
  • Durchsetzen bzw. vollstrecken kann der Gläubiger über die §§ 894, 895 ZPO: Wird der Schuldner zur Bewilligung verurteilt, wird diese mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils fingiert. Davor wird durch das Urteil, sofern es für vorläufig vollstreckbar erklärt ist, die Bewilligung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs zur Sicherung des Anspruchs fingiert.

B. Einwendungen und Einreden

I. Verzicht

Da auf den dinglichen Anspruch des § 894 BGB das allgemeine Schuldrecht nicht ohne weiteres angewendet werden kann, ist ein Verzicht auf den Anspruch durch Erlassvertrag nach § 397 BGB nicht möglich, sondern kann allenfalls schuldrechtlich („pactum de non petendo“) oder prozessual (§ 306 ZPO) erfolgen.8

II. Zurückbehaltungsrechte

Dem Verpflichteten können aber die folgenden Zurückbehaltungsrechte zustehen: 

  • § 273 Abs. 1 BGB: Hat der Schuldner eine konnexe Gegenforderung – z.B. auf Kaufpreisrückzahlung nach gescheitertem Grundstückserwerb – kann er daraus ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.9
  • § 1000 S. 1 BGB (analog): Der Bucheigentümer kann auch Verwendungsersatzansprüche in Bezug auf das Grundstück einredeweise geltend machen. Die Vorschriften über das EBV sind insoweit direkt anwendbar, wenn der Schuldner auch Besitzer des Grundstücks war. Andernfalls sind sie wegen der vergleichbaren Interessenlage analog anzuwenden (nach anderer Ansicht folgt das Zurückbehaltungsrecht in diesem Fall aus § 273 Abs. 2 BGB).10
  • Achtung: Kein Zurückbehaltungsrecht wegen Verwendungen auf das belastete Grundstück hat der Buchgläubiger einer zur Eigentümergrundschuld gewordenen Hypothek. Denn herauszugebender Gegenstand i.S.d. § 273 Abs. 2 BGB oder des § 1000 S. 1 BGB ist dann die Hypothek, während die Verwendung auf das Grundstück gemacht wurden.11

III. Gegenrechte aus § 242 BGB

Auch aus Treu und Glauben können dem Schuldner bestimmte Gegenrechte erwachsen: 

  • Einwand unzulässiger Rechtsausübung („dolo agit-Einrede“): Der Schuldner darf die Bewilligung verweigern, wenn ihm ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung des unrichtig eingetragenen Rechts gegen den Gläubiger zusteht, die Grundbuchänderung im Ergebnis also ohnehin wieder rückgängig zu machen wäre.12
  • Verwirkung: Grundsätzlich möglich – aber wegen § 898 BGB nur in Ausnahmefällen anzunehmen – ist auch die Verwirkung des Berichtigungsanspruchs, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit des Gläubigers über einen gewissen Zeitraum bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend macht.13

IV. Verjährung

Der Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB kann wegen § 898 BGB nicht verjähren.

C. Konkurrenzen

Neben dem dinglichen Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB können auch weitere Berichtigungsansprüche mit gleichem bzw. ähnlichem Inhalt bestehen, z.B.:

  • Ein schuldrechtlicher Berichtigungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB kommt immer dann in Betracht, wenn der Buchberechtigte (der nicht einmal materiell berechtigt sein muss), rechtsgrundlos eine Grundbuchänderung bewilligt hat.14
  • Aus Delikt (§§ 992, 823 BGB) kann ein Berichtigungsanspruch gegenüber dem deliktischen Buchberechtigten bestehen.15

Für die mündliche Prüfung: Warum gibt es den Grundbuchberichtigungsanspruch überhaupt?

Da der Inhalt des Grundbuchs für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung ist und insbesondere als Träger öffentlichen Glaubens gem. §§ 892, 893 BGB den Rechtserwerb vom Nichtberechtigten ermöglicht, hat der Berechtigte ein großes Interesse daran, dass unrichtiger Inhalt im Grundbuch berichtigt wird.

Dafür ist er allerdings regelmäßig auf die Mitwirkung des zu Unrecht Eingetragenen angewiesen, weil die Berichtigung gem. §§ 19, 29 GBO nur mit dessen Bewilligung eingetragen wird (sog. Bewilligungsgrundsatz) bzw. eine Eintragung ohne Bewilligung nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist.

Dass der Eingetragene diese Bewilligung auch erteilt, kann der Berechtigte über den Grundbuchberichtigungsanspruch erzwingen.

Schlusswort

Ich hoffe, Du fandest dieses Prüfungsschema zum Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB hilfreich. Wenn Du Verbesserungsvorschläge hast, lass es mich gerne wissen! Ich bin immer bemüht, die Inhalte auf Juratopia weiter zu verbessern. 

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Quellennachweise:

  1. BeckOK BGB, 56. Edition 2020, § 894 Rn. 4.
  2. Vgl. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 894 Rn. 4.
  3. Palandt, 79. Auflage 2020, § 894 Rn. 2.
  4. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 894 Rn. 20.
  5. BeckOK BGB, 56. Edition 2020, § 894 Rn. 18.
  6. BGH, Urt. v. 14.03.2000, Az.: XI ZR 14/99.
  7. BGH, Urt. v. 29.03.1996, Az.: V ZR 326/94.
  8. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 894 Rn. 34.
  9. BGH, Urt. v. 28.10.1988, Az.: V ZR 94/87.
  10. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 894 Rn. 35.
  11. BGH, Urteil vom 22. 1. 1964, Az.: V ZR 25/62.
  12. BGH, Urt. v. 28.06.1974, Az.: V ZR 131/72.
  13. BGH, Urt. v. 30.04.1993, Az.: V ZR 234/91.
  14. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 894 Rn. 47.
  15. MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 894 Rn. 48.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia.

Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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