Dieser Beitrag ist Teil 2 der Artikelserie Als Jurist in den Traumjob.

Bei Juristen ist das Bewerbungsanschreiben wichtiger als bei anderen Berufsgruppen. Wer hier Standard-Floskeln bringt und nicht gut argumentiert, schadet sich selbst.

Stell Dir vor, ein Programmierer bringt im Anschreiben Floskeln, überzeugt inhaltlich nicht so wirklich und sein Sprachstil ist auch eher mittelmäßig.

Der Personaler denkt vielleicht: Okay, das hätte der Bewerber besser machen können. Aber sein Job ist ja auch das Programmieren und nicht, andere Menschen mit seinen Schreiben zu überzeugen.

Moment.

Wessen Job ist es, andere Menschen mit seinen Schreiben zu überzeugen?

Genau, Deiner.

Deshalb muss Dein Anschreiben unbedingt zeigen, dass Du das kannst! Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern besser als alle anderen Bewerber.

Heute erklärt Sven uns, wie Du das schaffst. Sven, wollen wir gleich einsteigen?

Sven:
Sehr gerne! Eine typische Frage, die mir Bewerber stellen, ist: “Wie kriege ich es hin, dass ich in meinem Anschreiben nicht meinen Lebenslauf runterbete?”

Diese Frage verpufft in der Luft, wenn wirklich klar ist, was der wahre Zweck Deines Anschreibens ist.

Für den Entscheider stellt jeder potenzielle Mitarbeiter ein Risiko dar – Du ebenfalls (natürlich zu Unrecht). Wenn der Entscheider eine Fehlentscheidung trifft, dann riskiert er seinen eigenen Job bzw. seinen Umsatz, wenn der Entscheider ein Kanzleipartner ist.

Ihm ist also wichtig auch einen generell positiven Trend in Deinem Leben zu sehen. So wie eine Aktie, die im Wert wahrscheinlich immer weiter steigen wird.

Der Lebenslauf erklärt heutzutage nur das WAS. Dein Anschreiben gibt dem einen Kontext. Dort erklärst Du das WARUM und das WIE dessen, was Du gemacht hast.

Zum einen ist das ist Deine große Möglichkeit, um Lücken oder plötzliche Karrieresprünge zu erklären und in ein gutes Licht zu rücken. Gleichzeitig ist es auch Deine Chance, Dich von den anderen Bewerbern abzuheben.

Deswegen sind hier die 3 wichtigsten Säulen für ein erfolgreiches Anschreiben.

#1 Anpassung
Das große Problem beim Bewerben ist, dass es nicht zugeht wie auf dem Jahrmarkt. Mal abgesehen von der fehlenden Zuckerwatte meine ich damit: Es gibt keine Trostpreise. Es ist eine harte schwarz/weiß Angelegenheit. 90% zu überzeugen bringt leider nichts. Du musst den Entscheider zu 100% aus den Socken hauen.

Personaler und Kanzleipartner sind (zum Glück) nicht auf den Kopf gefallen. Sie erkennen ein Standardanschreiben 10 Meilen gegen den Wind. Deshalb machen 70% der Empfehlungen, die auf der ersten Seite von Google gegeben werden, in Wahrheit keinen guten Eindruck.

Die wichtigste Regel ist wirklich: Klasse statt Masse. Nimm Dir viel mehr Zeit genau zu recherchieren, welche Stellen Du haben möchtest und dann gib das Doppelte Deines Besten. Damit kriegst Du einen besseren Job mit weniger Stress und in kürzerer Zeit.

Das Anschreiben ist dabei der wichtigste Punkt. Es sollte wie ein Maßanzug auf die Stelle angepasst werden. Beim Formulieren sollte die Stellenanzeige Deines Wunschjobs gleich zur Hand sein.

Der Entscheider hat die Anforderungen für das Profil im Kopf. Wenn er sich Deinen Text durchliest, sollte er mental die wichtigsten Kriterien sofort abhaken können.

#2 Relevanz
Wie lange nimmt sich ein Entscheider Zeit für Deine Bewerbung? Sagen wir mal im Schnitt 3-4 Minuten. 1 Minute für den Lebenslauf, 1 Minute für die Anlagen und 2 Minuten für das Anschreiben.

Sagen wir mal ein Jurist ist in seinen späten Zwanzigern oder frühen Dreißigern. Dann ist seit seiner Geburt bis heute eine Menge passiert. Er war in der Schule, im Studium, im Ausland, im Praktikum, in verschiedenen Referendariatsstationen.

Das heißt, er muss mehr als 2 Lebensjahrzehnte in die 2 Minuten packen, die sich der Entscheider fürs Anschreiben nimmt. Das ist ganz schön sportlich. Der Bewerber will aber nichts rauslassen, weil ja alles wichtig ist – aus seiner Sicht.

Der zweite Punkt ist deshalb: Alles was nicht für diese eine Stelle direkt relevant ist, kommt raus. Es gilt: Weniger ist mehr und Tiefe statt Breite. Vor allem kannst Du dann viel detaillierter auf die spannenden Beispiele eingehen.

#3 Beweise und Beispiele
Der größte Fehler, bei dem Entscheider die Augen rollen, sind nichtssagende Adjektive. Sogar Anschreiben-Generatoren und viele Musteranschreiben bieten eine Auswahl an vagen, grauen Adjektiven. “Ich bin zielstrebig, teamfähig und hochmotiviert”.

Das große Problem: Das sind alles oberflächliche Behauptungen, keine Beweise.

Lucas:
Das ist dann wie wenn man in einer zivilrechtlichen Klage einen Anspruch behauptet, aber den Vortrag nicht substantiiert.

Sven:
Genau. Wenn Du es schaffst, Deine Eigenschaften und Kenntnisse nicht als unsubstantiierte Behauptung, sondern als sinnvoll argumentierte Tatsachen darzustellen, hast du schon 60% der Bewerber aus dem Rennen geworfen.

Außerdem kann Deine Zielperson ja sagen, wenn sie lieber sofort telefonieren oder sich persönlich treffen möchte. Das ist natürlich auch immer eine Frage der persönlichen Präferenz.

Umsetzung: Die CAR Formel
Lass uns das einmal in der Anwendung anschauen. Nimm Dir die Stellenanzeige Deines zukünftigen Arbeitgebers vor und schau Dir die Aufgaben an.

Für die erfolgreiche Bewältigung dieser Aufgaben benötigst Du bestimmte Kompetenzen. Diese Kompetenzen belegst Du, indem Du zeigst, dass Du ähnliche Aufgaben in der Vergangenheit schon mal erfolgreich gemeistert hast.

Frag Dich also: Wo habe ich diese Kompetenz schon bewiesen? Wo hatte ich ähnliche Aufgaben? Als Volljurist kannst Du oft auf Tätigkeiten aus Deinem Referendariat zurückgreifen.

Wenn Du hingegen frisch von der Uni kommst und falls Dir auch Deine Praktika nicht weiterhelfen: Wo hast Du so etwas in der Uni schon gelernt? Wenn es sich nicht vermeiden lässt, darf das auch mal ein wenig an den Haaren herbeigezogen sein.

Wenn möglich sollten es gleiche Aufgaben sein. Wenn das nicht geht, nutze Beispiele, die vergleichbare Kompetenzen demonstrieren. Angenommen, Du willst als Quereinsteiger in einen nicht-juristischen Job: Dann hilft es, ein Beispiel zu bemühen, in dem Du Dir schnell neue Fähigkeiten angeeignet hast.

Sobald Du Dein Beispiel hast, verpackst Du es ganz einfach in der Formel, die ich Dir jetzt gebe. Ich nenne sie CAR-Formel. Die Abkürzung C, A, R steht dabei für Conflict, Action und Result. Arbeite diese drei Punkte Schritt für Schritt ab:

C: Welche Konflikte oder Probleme, die Du aus der Vergangenheit kennst, warten auch in Deiner künftigen Rolle wieder auf Dich?

A: Was hast Du damals getan, um die Konflikte zu lösen und würdest es wieder tun fürs neue Unternehmen?

Und R: Wie sah Dein tolles Resultat aus, das Du damals erreicht hast und es wieder erreichen könntest für den neuen Arbeitgeber? Das Ergebnis sollte möglichst messbar und quantifizierbar sein, auch wenn das für Juristen natürlich nicht einfach ist.

Lucas:
In der Tat haben wir Juristen bei der Anwendung der CAR-Formel ein bisschen erschwerte Bedingungen, weil unsere Arbeitsergebnisse schwierig zu quantifizieren sind. Außerdem sind wir meist in besonderem Maße zur Vertraulichkeit verpflichtet.

Zuerst zum Thema Vertraulichkeit: Die Branche, die Projektart und Deine Aufgabenstellung in dem Projekt kannst Du meistens schon wiedergeben. Tabu ist bei Anwaltskanzleien in der Regel insbesondere die Identität des Mandanten.

Eine Hilfestellung kann Dir das jeweilige Arbeits-, Stations-, oder Praktikumszeugnis sein. Was Dein Ausbilder dort hineingeschrieben hat, hält er offensichtlich nicht für vertraulich.

Zur Quantifizierung kannst Du als Jurist normalerweise keine Zahlen angeben, weil sich Deine Arbeit in der Regel nicht unmittelbar auf Kennzahlen der Unternehmenssteuerung auswirkt. Sven, wie sollten Juristen mit diesem Problem umgehen?

Sven:
Juristen können das Arbeitsprodukt beschreiben. Hast Du einen schwierigen Schriftsatz verfasst oder daran mitgearbeitet? Hat die Kanzlei von dem Mandanten danach vielleicht einen Folgeauftrag bekommen, weil der Mandant zufrieden war?

Hast Du einem M&A Deal durch Deinen Vertragsentwurf (oder Deine unterstützenden Tätigkeiten) zum Abschluss verholfen? Oder vielleicht eine AGB entworfen, die jetzt im Unternehmen eingesetzt wird?

Lucas:
Ich versuche mal, ein Beispiel zu entwickeln: Christina hat gerade die mündliche Prüfung ihres zweiten Staatsexamens geschafft und bewirbt sich um eine Stelle als Syndikus in einem mittelständischen Unternehmen in der Medizintechnik.

Ihre Referendariatsstationen und Praktika hat sie alle in Kanzleien, bei Behörden oder bei Gerichten absolviert. In einer Unternehmensrechtsabteilung war sie noch nie.

Sie hat aber in ihrer Anwaltsstation in einer mittelständischen Kanzlei für eine Mandantin aus der Medizintechnik gearbeitet. Dort hat sie mit Hilfe von Formularhandbüchern, bestehenden Vertriebsverträgen der Mandantin und in intensiver Abstimmung mit Vertriebsmitarbeitern der Mandantin neue Vertriebsverträge entworfen.

Die Vertragsmuster hat der Partner zwar noch etwas überarbeitet und die Mandantin hatte auch noch ein paar Anmerkungen, im Wesentlichen verwendet die Mandantin nun aber die von Christina entworfenen Verträge für ihre Geschäfte mit Vertriebspartnern.

Entwurf und Überarbeitung operativer Verträge in der Medizintechnik ist ein klassisches Problem, welches Christina als Inhouse Juristin eines mittelständischen Medizintechnikunternehmens erwarten wird. Sie kennt dieses Problem aus ihrer Vergangenheit in einer Anwaltskanzlei.

Sven:
Super, “Conflict” also check. Wie sieht es mit der Action aus?

Lucas:
Die Kanzlei hat damals über kein fertiges Muster eines Vertriebsvertrages für die Medizintechnik verfügt.

Deshalb hat Christina verschiedene Vertragsmuster aus Formularhandbüchern kombiniert, sich mit Hilfe von rechtlich unzulänglichen Verträgen, welche die Vertriebsmitarbeiter für sich selbst entworfen hatten, in die tatsächlichen Anforderungen der Verträge eingearbeitet und mit Vertriebsmitarbeitern gesprochen, um die kommerzielle Situation noch besser zu verstehen und sicherzugehen, dass die Entwürfe ihr gerecht werden.

Sven:
“Action” check. Hier passt die Handlung besonders gut, weil Christina sie genauso bei ihrem neuen Arbeitgeber inhouse wiederholen kann und außerdem gleich zeigt, dass sie auch schon mit Nichtjuristen zusammengearbeitet hat, was für Unternehmensjuristen wichtig ist.

Und ein tolles Resultat kann sie auch vorweisen: Ihre Verträge werden vom Mandanten genutzt, waren also offensichtlich praxistauglich. Result “check”, sehr gut.

Wenn Christina das je nach dem weiteren Inhalt des Anschreibens in 2-3 Sätzen zusammenfasst, hat sie einen Spitzen-Baustein für ihr Anschreiben.

Abschlusstipp: Der erste Satz
Soweit zur CAR-Formel. Ich hoffe, das hat Dir schonmal geholfen. Nun möchte ich Dir noch einen Tipp für den ersten Satz im Anschreiben mitgeben. Der erste Satz kann Spannung wecken oder total langweilig sein.

Schreib das Offensichtliche und Du langweilst: Hiermit bewerbe ich mich…. blablabla.

Dass Du Dich bewirbst, ist offensichtlich. Sonst würde der Entscheider Deine Mappe vermutlich nicht in den Händen halten.

Schreib stattdessen sofort zwei bis drei kurze Punkte, die in seinen Augen einen Wert darstellen und dann sage, warum Du die neue Position haben möchtest. Also zum Beispiel:

„Guten Tag Frau _________,

als Anwältin habe ich mehr als 50 mittelständische Mandanten in der Gesundheitsbranche beraten. Nach vier Jahren anwaltlicher Tätigkeit in Deutschland und einem Jahr in den USA möchte ich in Zukunft noch näher am operativen Betrieb arbeiten.

Ich bin überzeugt, die Position als Syndikusanwältin bei XYZ optimal auszufüllen:
[Begründung]”

Kurz. knackig. Individuell. Der Anfang Deines Anschreibens sollte die “Einstellungsargumente” vorwegnehmen, die Du im folgenden Anschreiben näher erläuterst.

Sieh es vielleicht wie die Einleitung für einen Blogartikel. Der Entscheider fragt sich hier genauso: Was darf ich erwarten, wenn ich weiterlese? Lohnt es sich? Diese positive Erwartungshaltung kannst Du damit aufbauen.

Lucas:
Danke, Sven, ein hilfreiches Beispiel. Passend dazu will ich zum Abschluss eine positive Erwartungshaltung für unseren nächsten Artikel aufbauen:

Du hast heute viel gelernt, was Dir helfen wird, ein richtig gutes Anschreiben zu entwerfen. Was für das Anschreiben gilt, stimmt aber natürlich auch für den Lebenslauf: Als Jurist musst Du Fakten überzeugend darstellen können und das zeigst Du in Deiner gesamten Bewerbung.

In den nächsten Beiträgen lernst Du deshalb, worauf Du im Lebenslauf achten solltest. Dabei fangen wir mit dem ersten Eindruck des Lebenslaufs an: Deinem Bewerbungsfoto. Lies hier weiter.

Bis bald

Lucas & Sven

PS: Sven bietet übrigens auch einen Online-Videokurs zum Bewerben an. Dort gibt er auch noch mehr Tipps fürs Anschreiben – im Videoformat mit Checklisten und Worksheets.

Unter anderem siehst Du dort ein Video zu den 5 häufigsten Fehlern im Anschreiben. Außerdem zeigt Sven Dir z.B. statt der CAR-Formel die noch ausführlichere SAHRA-Formel und bringt Dir die 5 Heldenkräfte des Überzeugens bei (die übrigens auch für das Verfassen juristischer Schriftsätze nützlich sind).

Ich habe den kompletten Videokurs in wenigen Nächten verschlungen und war so begeistert, dass ich entschieden habe, mit Sven als Affiliate zusammenzuarbeiten. Um Dir als Juratopia-Leser noch einen zusätzlichen Mehrwert zu geben, habe ich dafür die Inhalte mit der Juristenbrille betrachtet und in einem PDF Anmerkungen und Anwendungsbeispiele speziell für Juristen erstellt.

Wenn Du den Kurs über meinen Affiliate-Link kaufst, bekommst Du mein Bonus-PDF für Juristen kostenlos dazu. (Den Kurszugang bekommst Du sofort, das PDF schicke ich Dir manuell per Mail, deshalb kann es bis zu 24 Stunden dauern, bis Du es bekommst)

Hier mein Affiliate-Link zum Videokurs.

Dieser Beitrag ist Teil der Artikelserie als Jurist in den Traumjob.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

Lass mich auch dein Studium oder Referendariat mit meinen gratis E-Mail Kursen verbessern: